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Staatliche Soforthilfen in der Corona-Krise (Stand: 2. April 2020)

Die Corona-Pandemie hat weltweit eine existentielle Krisenlage herbeigeführt. Über die katastrophalen gesundheitlichen Folgen hinaus hat auch die Wirtschaft schweren Schaden genommen. Die Gesetzgebungsorgane haben ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Abmilderung der einhergehenden wirtschaftlichen Risiken von Unternehmen und Privatpersonen beschlossen. Die Förder- und Hilfsprogramme werden gleichsam täglich erweitert. Ein umfangreiches Sozialschutzpaket soll die Lasten in Not geratener Privatpersonen abmildern. Neben umfangreichen Fördermaßnahmen für Großunternehmen, insbesondere im Rahmen einer Verbesserung der Ausstattung von KFW-Krediten sowie Steuererleichterungen für alle Unternehmen werden in allen Bundesländern dieser Tage sofort abrufbare Soforthilfen für sogenannte Soloselbstständige sowie für Unternehmen und Angehörige der freien Berufe mit maximal 50 Beschäftigten zur Verfügung gestellt. Es handelt sich nicht um Kredite, vielmehr um, von Ausnahmefällen abgesehen, nicht rückforderbare, sogenannte verlorene Zuschüsse.

Soweit ersichtlich sind die Regelungen in den einzelnen Bundesländern vergleichbar. Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf der Richtlinie „Förderprogramm zur Abmilderung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise“ (Corona-Soforthilfe) in Baden-Württemberg. Die nachfolgenden Ausführungen ersetzen naturgemäß nicht die vollständige Lektüre und Analyse des gesamten Dokuments.

1. Adressaten der Förderung

sind sogenannte Soloselbstständige sowie Unternehmen und Angehörige der Freien Be-rufe. Hiervon erfasst dürften auch Unternehmen in der Rechtsform der GbR, der OHG und der GmbH sein; jedenfalls sind diese im Antragsformular des Landes Baden-Württemberg als geeignete Rechtsform von „Antragstellern“ (vgl. Fußnote 4) ausdrück-lich bezeichnet. Auch Künstler und gemeinnützige Sozialunternehmen sind jedenfalls in Baden-Württemberg ausweislich der Erläuterungen des Wirtschaftsministeriums unter FAQs („Ich bin Künstler…“) ausdrücklich förderfähig. In Baden-Württemberg gibt es Soforthilfe nur für Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl von bis zu fünfzig ohne weitere Größen- oder Umsatzbegrenzung; in Bremen beispielsweise ist die Unternehmensgröße auf neun Mitarbeiter und der Jahresumsatz auf zwei Millionen Euro begrenzt. Die Berechnung der Mitarbeiter erfolgt in sogenannten Vollzeitäquivalenten anhand der Regelungen der Definition der Europäischen Union für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU).

2. Art und Umfang der Förderung:

Die Förderung erfolgt im Rahmen eines einmaligen, nicht rückzahlbaren Zuschusses zunächst für drei Monate in Höhe von

  • bis zu 9.000 Euro für Antragsberechtigte mit bis zu fünf Beschäftigen,
  • bis zu 15.000 Euro für Antragsberechtigte mit sechs bis zu zehn Beschäftigen,
  • bis zu 30.000 Euro für Antragsberechtigte mit elf bis zu fünfzig Beschäftigen.

3. Förderungsgrund:

Bei dem Antragsteller müssen unmittelbar infolge der Corona-Pandemie eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage oder Liquiditätsengpässe, Umsatzeinbrüche oder Honorarausfälle entstanden sein. Die existenzbedrohliche Wirtschaftslage muss trotz möglichem Erhalt oder einer möglichen Beantragung einer sonstigen staatlichen (insbesondere des Bundes) oder europäischen Hilfe bestehen.

Eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage wird vom Gesetzgeber in Baden- Württemberg angenommen, wenn sich für den Monat, in dem der Antrag gestellt wird, ein Umsatz- bzw. Honorarrückgang von mindestens 50 Prozent verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Umsatz (bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen Monate) im Vorjahr ergibt (Rechenbeispiel: durchschnittlicher Umsatz Januar bis März 2019: 10.000 Euro; aktueller Umsatz März 2020: 5.000 Euro)
und / oder
der Betrieb auf behördliche Anordnung wegen der Corona-Krise geschlossen wurde. Dies gilt auch für in diesen Betrieben arbeitende Selbständige
und
die vorhandenen liquiden Mittel nicht ausreichen, die kurzfristigen Verbindlichkeiten (beispielsweise Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten) zu zahlen. Zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten kann bei Personengesellschaften ein kalkulatorischer Pauschalbetrag von 1.180 Euro pro Monat für Lebensunterhalt des Inhabers hinzugezählt werden.- Unklar ist in diesem Zusammenhang was der Gesetzgeber unter Personengesellschaften versteht, da diese per definitionem aus mehreren Inhabern bestehen.

Die Anforderungen für einen begründeten Förderantrag sind damit erheblich. Faktisch muss der Antragsteller „coronabedingt“ zahlungsunfähig in dem Sinne sein, dass seine vorhandenen liquiden Mittel nicht ausreichen, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten (beispielsweise Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten etc.) zu bezahlen.

Anträge, die sich auf Liquiditätsengpässe oder Umsatzeinbrüche beziehen, die vor dem 11. März 2020 entstanden sind, sind nach den gesetzlichen Bestimmungen im Übrigen ausdrücklich nicht förderfähig, da diese nicht als „coronabedingt“ gelten.

In dem Antragsformular ist individuell der „Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass oder Umsatzeinbruch“ zu beschreiben. Eine Fußnote (Nr. 11) des Formulars in Baden-Württemberg enthält hierzu den folgenden weis: „Ein schlichter Verweis auf die Corona-Pandemie ist kein ausreichender Grund für eine Förderung. Bitte nutzen Sie die FAQs auf der Internetseite des Wirtschaftsministeriums als Ausfüllhilfe.“

Da jedenfalls in Baden-Württemberg keine bilanziellen Unterlagen o. ä. dem Antrag beigefügt werden müssen, stellt die Darlegung des Grundes für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage den Kern des Antrages dar. Der Grund muss konkret anhand der coronabedingt eingetretenen wirtschaftlichen Schieflage des Unternehmens – und nicht lediglich abstrakt – dargelegt werden.

Vorstehende Regelungen sind inhaltlich letztlich im Regelfall maßgeblich für die Frage, ob eine Förderung gewährt wird oder nicht.

4. Weitere Regelungen:

Eine Kumulierung des Zuschusses mit sonstigen staatlichen Hilfen (insbesondere solchen des Bundes) oder europäischen Hilfen zum Ausgleich der unmittelbar infolge der Corona-Pandemie eingetretenen Liquiditätsengpässe oder Umsatzeinbrüche, auch aus weiteren Soforthilfekulissen, ist im Rahmen der beihilferechtlichen Vorgaben insoweit möglich, als ein Liquiditätsengpass oder Umsatzeinbruch im vorstehend beschriebenen Sinne trotz der sonstigen Hilfen weiterhin oder wieder besteht.

Die Richtlinie sichert ausdrücklich die Entscheidungsmöglichkeit des Zuwendungsempfängers gegen die Zugriffsmöglichkeit des Kreditinstituts, bei dem das vom Zuschussempfänger benannte Konto geführt wird, ab. Für die bewilligten Zuschüsse gilt ein direktes Verrechnungs- beziehungsweise Aufrechnungsverbot mit bereits bestehenden Kreditlinien beim jeweiligen Kreditinstitut. Bei Überweisung des Zuschusses darf es nicht zu einer zwangsläufigen Bedienung bereits bestehender Kontokorrentforderungen oder sonstiger Zins- und Tilgungsforderungen kommen. Der bewilligte Zuschuss muss vollumfänglich zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden. Zuwendungsempfängern obliegt die Entscheidung, welche Forderungen mit höchster Relevanz für die Existenzsicherung ausgestattet sind (bspw. Mietforderungen, Lieferantenforderungen) und daher vorrangig durch den Zuschuss bedient werden sollen.

Dennoch mag die Überlegung angestellt, möglicherweise nicht ein allzu sehr belastetes Konto als Empfängerkonto für den Zuschuss anzugeben.

5. Hinweis auf die Bestimmungen des Subventionsgesetzes und des Strafgesetzbuches

Der Antragsteller muss die Richtigkeit seiner Angaben in dem Antragsformular an eidesstattlich versichern. Der Gesetzgeber weist ausdrücklich auf die Strafbarkeit falscher Versicherungen an Eides Statt nach § 156 StGB hin. Die Richtlinie enthält auch folgenden Hinweis: „Unrichtige oder unvollständige Angaben zu subventionserheblichen Tatsachen können nach § 264 Strafgesetzbuch (StGB) (Subventionsbetrug) strafbar sein, sofern die Angaben für den Antragsteller oder einen anderen vorteilhaft sind. Gleiches gilt, wenn die Bewilligungsbehörde über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen worden ist.“

6. Bewilligungsbehörde und Verfahren:

Zuständig für die Prüfung des Antrags, die Bewilligung und Auszahlung der Zuschüsse ist in Baden-Württemberg die L-Bank (in Bremen beispielsweise die BAB Bremer Aufbau-Bank GmbH). Eine inhaltliche Vorprüfung erfolgt durch die Kammern (Gutachterstelle), gegebenenfalls unter Hinzuziehung weiterer beratender Stellen (bspw. Institut für Freie Berufe (IFB)).

Anträge sind bis auf weiteres an die zuständige Kammer (in Baden-Württemberg IHK bzw. Handwerkskammer) zu richten. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg behält sich ausweislich der Richtlinie deren jederzeitige Änderung vor.

Das Antragsformular und die sogenannte De-minimis-Erklärung sind auf der Internetseite des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg elektronisch abrufbar unter https://wm.baden-wuerttemberg.de/soforthilfe-corona/.

Das Antragsformular und die De-minimis-Erklärung sind auszufüllen und mit den auf dem Formular  vorgesehenen Erklärungen zu unterschreiben und, jedenfalls in Baden-Württemberg, ausschließlich eingescannt und elektronisch über das Online-Portal www.bw-soforthilfe.de (nicht per E-Mail) einzureichen.

Die Finanzhilfe wird von der L-Bank unmittelbar auf das Konto des Antragstellers angewiesen, wenn dem Antrag entsprochen wird. Es wird eine rasche Bearbeitung angekündigt.

Von entscheidender Bedeutung für eine erfolgversprechende Formulierung des Antrags auf Soforthilfe dürfte regelmäßig die Beschreibung des im Unternehmen unserer Mandanten bestehenden konkreten Grundes der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses oder Umsatzeinbruchs (siehe oben Ziff. 3) sein. Insbesondere in diesem Zusammenhang unterstützen wir unsere Mandanten bei der Formulierung ihrer Anträge.

 

 

Rechtsanwalt Dr. jur. Alexander Böck

Lenzhalde 53
70192 Stuttgart
Telefon: +49 (0)711 / 60 18 00 3
E-Mail: boeck@boeck-law.de
Web: www.boeck-law.de