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Ärztliche Kooperationsformen nach geltendem Recht

Teil 8: Teilzulassungen

Jeder Vertragsarzt hat die Möglichkeit, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte zu beschränken. Diese Reduktion ermöglicht nicht lediglich eine Verringerung des Umfangs der ärztlichen Tätigkeit, vielmehr eröffnen sich dem Vertragsarzt auch Möglichkeiten ärztlicher Kooperationen. So kann er seine selbstständige Tätigkeit im Rahmen eines hälftigen Versorgungsauftrags verbinden mit einer Tätigkeit in einem Krankenhaus oder einem medizinischen Versorgungszentrum, Tätigkeiten an Hochschulen, Universitäten oder anderweitig zulässigen Tätigkeiten.

Der § 19 a Absatz 1 Ärzte-Zulassungsverordnung („Ärzte-ZV”) verpflichtet den Arzt, seine vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben, mithin „hauptberuflich”. Die vollzeitige Vertragsarzttätigkeit muss von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand etwaige übrige Tätigkeiten des Vertragsarztes deutlich übersteigen und den Mittelpunkt seiner Erwerbstätigkeit darstellen. Nach den Regelungen des Bundesmantelvertrages („BMV-Ä”) ist der Versorgungsauftrag des Vertragsarztes (außer bei Anästhesisten oder Belegärzten) durch eine Mindestsprechstundenzahl von 20 Wochenstunden zu erfüllen (§ 17 Absatz 1a Satz 1 BMV-Ä). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die nach wohl herrschender Meinung trotz diverser Gesetzesänderungen nach wie vor Anwendung findet, ist es dem Vertragsarzt gestattet, anderweitige Tätigkeiten, insbesondere ein Beschäftigungsverhältnis anzunehmen, soweit die Arbeitszeit 13 Wochenstunden nicht übersteigt.

Nach § 19 a Absatz 2 Satz 1 Ärzte-Zulassungsverordnung („Ärzte-ZV”) kann der Vertragsarzt eine Teilzulassung beanspruchen. Die Beschränkung des Versorgungsauftrags auf die Hälfte erfolgt im Rahmen eines Beschlusses des Zulassungsausschusses nach § 19 a Absatz 2 Satz 2 Ärzte-ZV.

Im Falle einer Teilzulassung reduziert sich die Sprechstundenpflicht nach § 17 Absatz 1a Satz 2 BMV-Ä auf 10 Wochenstunden. Umstritten ist, ob beim halben Versorgungsauftrag anderweitige Beschäftigungen im Umfang von bis zu 26 Stunden zulässig sind. Nach einem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 ist bei einem halben Versorgungsauftrag der zulässige Umfang einer sonstigen Beschäftigung mit (lediglich) 20 Wochenstunden anzusetzen. Die Verwaltungspraxis ist hier teilweise großzügiger und gestattet anderweitige Tätigkeiten bis zum Umfang von 26 Stunden. Es ist daher dringend die vorherige Abstimmung mit dem Zulassungsausschuss zu empfehlen.

Während bei der vollen Zulassung die erforderliche persönliche Leitung der Arztpraxis durch den Vertragsarzt nach § 14 a BMV-Ä anzunehmen ist, wenn je Vertragsarzt nicht mehr als drei vollzeitbeschäftigte oder teilzeitbeschäftigte Ärzte in einer Anzahl, welche in ihrem zeitlichen Umfang der Arbeitszeit von drei vollzeitbeschäftigten Ärzten entspricht, angestellt werden dürfen, halbiert sich dieser Umfang nicht nur beim hälftigen Versorgungsauftrag, vielmehr drittelt er sich. Der Vertragsarzt mit lediglich hälftiger Zulassung darf lediglich einen vollzeitbeschäftigten oder zwei teilzeitbeschäftigte Ärzte anstellen. Weist der Vertragsarzt im Einzelfall dem Zulassungsausschuss nach, dass auch bei einer Beschäftigung angestellter Ärzte über das beschriebene Quorum hinaus die persönliche Leitung der Praxis gewährleistet ist, ist dies im Einzelfall genehmigungsfähig.

Zeitpunkt der Beschränkung

Die Beschränkung auf den hälftigen Versorgungsauftrag kann der Arzt sowohl von vornherein bei Erteilung der Zulassung als auch während bestehender Zulassung beantragen. Die in der Vergangenheit umstrittene Rechtsfrage, ob bei einem hälftigen Zulassungsverzicht die Verwertung der hälftigen Zulassung durch Ausschreibung möglich ist, hat zwischenzeitlich der Gesetzgeber entschieden. Danach kann der Vertragsarzt beispielsweise zur Aufnahme eines (weiteren) Partners, nach § 103 Absatz 4 Satz 2 SGB V durch Verzicht auf seine hälftige Zulassung das Ausschreibungsverfahren durch die Kassenärztliche Vereinigung einleiten. Hierbei sind die wirtschaftlichen Interessen des Vertragsarztes zu berücksichtigen. Nach § 103 Absatz 4 Satz 7 SGB V, aktueller Rechtsprechung sowie Praxis der Zulassungsausschüsse gilt dies jedenfalls dann, wenn der Kaufpreis, welchen ein Vertragsarzt für seine (hälftige) Praxisnachfolge fordert, deren Verkehrswert nicht übersteigt.

Reduktion des Versorgungsgrades

Nach § 101 Absatz 1 Satz 7 SGB V in Verbindung mit § 17 Absatz 2 der Bedarfsplanungsrichtlinie werden Ärzte mit hälftigem Versorgungsauftrag bei der Feststellung zum örtlichen Versorgungsgrad der jeweiligen Arztgruppe mit dem Faktor 0,5 erfasst. Entsprechend besteht nur ein limitierter Anspruch auf die Teilnahme an der Honorarverteilung.

Für wen ist die Teilzulassung interessant?

Zunächst kann eine Teilzulassung in Betracht kommen für Ärzte oder Ärztinnen, die nicht vollzeitig tätig werden wollen und daher nicht willens oder in der Lage sind, ihren vollen Versorgungsauftrag gemäß BMV-Ä ordnungsgemäß zu erfüllen. Nach dem oben erwähnten Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen sind auch Sonderbedarfszulassungen mit hälftigem Versorgungsauftrag statthaft.

Verfügt ein Vertragsarzt über zwei Facharztqualifikationen, kommt für jedes Fachgebiet eine Teilzulassung in Betracht. Bedarfsplanungsmäßig erfolgt jeweils eine Zurechnung mit dem Faktor 0,5.

Ob zwei Teilzulassungen für ein Fachgebiet an örtlich verschiedenen Vertragsarztsitzen in unterschiedlichen Zulassungsbezirken zulässig sind, ist streitig. Ein Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 5. November 2007 hat dies zumindest für Zahnärzte ausgeschlossen. Aufgrund der Regelungen des BMV-Ä zur KV-bereichsübergreifenden Berufsausübung (vgl. Ziffer 15 der Begriffsbestimmungen in § 1a) dürfte einem Vertragsarzt richtigerweise eine KV-bereichsübergreifenden Berufsausübung mit zwei Teilzulassungen nach § 19a Ärzte-ZV ebenso gestattet sein wie eine Tätigkeit als Vertragsarzt und gemäß § 24 Ärzte-ZV ermächtigter Arzt an einem weiteren Tätigkeitsort (Zweigpraxis) in Bereichen von mindestens zwei kassenärztlichen Vereinigungen. Die Regelung gilt entsprechend für ein Medizinisches Versorgungszentrum.

Die Aufteilung einer Zulassung in zwei hälftige Zulassungen kommt insbesondere auch in Erweiterungs- oder Nachfolgesituationen in Betracht.

So kann ein in einer Einzelpraxis zugelassener Vertragsarzt in einem ersten Schritt den hälftigen Verzicht auf seine Zulassung erklären und hierdurch die damit entstehende Teilzulassung mit dem Ziel ausschreiben lassen, einen potentiellen Nachfolger für seine Einzelpraxis zunächst im Rahmen einer jeweils hälftigen Zulassung durch zeitgleiche Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft in die Praxis aufzunehmen. Wirtschaftlich betrachtet dürfte dies zumindest längerfristig nur bei einem hohen Anteil an Privatpatienten oder der Kalkulation mit einem Einkommensrückgang sinnvoll sein, da sich naturgemäß die vertragsärztlichen Honoraransprüche auf diesem Weg nicht verdoppeln lassen. In einem zweiten Schritt kann auch die verbleibende hälftige Zulassung entweder auf den vorgesehenen Nachfolger oder auf einen weiteren Nachfolger übertragen werden.

Der Teilverzicht eignet sich weiterhin für Fälle, in welchen bislang angestellte Ärzte als Partner in Berufsausübungsgemeinschaften aufgenommen werden sollen, auch im Zusammenhang mit der Gründung einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft. Auch für Krankenhausärzte ist das Institut der hälftigen Zulassung von Interesse. Mit diesem Vehikel kann ein Krankenhausarzt, sofern die Klinik ihm eine Reduzierung auf eine hälftige Anstellung ermöglicht, einen ersten Schritt in die Selbstständigkeit durch „Erwerb” einer hälftigen Zulassung gehen. Umgekehrt kann auch ein Vertragsarzt auf diese Art und Weise durch Aufgabe seiner hälftigen Zulassung eine Teilanstellung in einem Krankenhaus übernehmen. Hieraus können sich auch Kooperationsmöglichkeiten und Synergieeffekte mit seiner Praxis ergeben. Diese Möglichkeiten gelten sinngemäß für vertragliche Regelungen zwischen Vertragsarzt und einem Medizinischem Versorgungszentrum.

Auch anderweitige Tätigkeiten, insbesondere im Rahmen von Anstellungsverhältnissen, können, etwa in Universitäten oder Fachhochschulen, neben der Tätigkeit als Vertragsarzt mit hälftiger Zulassung aufgenommen werden.

Risiko: dauerhafter Verlust der hälftigen Zulassung

Bei jedweden Überlegungen ist zu beachten, dass eine Beschränkung des Versorgungsauftrags auf die Hälfte nach § 19 a Absatz 3 Satz 1 Ärzte-ZV zwar durch Beschluss des Zulassungsausschusses wieder aufgehoben werden kann und damit der volle Versorgungsauftrag wieder herstellungsfähig ist. Die Rückkehr zu einer Vollzulassung ist in der Praxis jedoch ausgeschlossen, wenn der Planungsbereich gesperrt ist (vgl. auch § 19 Absatz 1 Satz 2 Ärzte-ZV). Somit handelt es sich bei dem Verzicht auf die hälftige Zulassung um eine strategische Entscheidung, welche mit Weitsicht getroffen werden muss. Entsprechend bedarf es intensiver Beratung unter den betroffenen Ärzten und ihren Beratern, um voreilige Fehlentscheidungen mit im Einzelfall gravierenden wirtschaftlichen Folgen zu vermeiden.

Stand: November 2009

Rechtsanwalt Dr. jur. Alexander Böck

Lenzhalde 53
70192 Stuttgart
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